300,- bis 1200,- €-Strafbefehle, ausgesetzt auf 2 Jahre Bewährung. In den letzten Tagen häuften sich die Meldungen zahlreicher Betroffener, die über unerfreuliche Post vom Amtsgericht berichteten. Hintergrund dieser ganzen Geschichte sind die massiven Proteste gegen sogenannte „Lebenschützer“ im März 2009 in Münster.
Wir rufen zusammen mit dem Betroffenen-Treffen und den Anwälten die in dieser Sache tätig geworden sind, ausnahmslos ALLE Betroffenen auf, fristgerecht Einspruch gegen diese Strafbefehle einzulegen.
– der Einspruch kann formlos geschrieben werden (Hiermit lege ich gegen
den mir am XXX zugestellten Strafbefehl mit dem Aktenzeichen XXX Einspruch
ein. Datum, Unterschrift – benötigt keine Begründung und die sollte auch
nicht rein!)
– dieser Einspruch bedeutet erstmal keine weiteren Kosten und kann
jederzeit (sogar vor Prozeßbeginn) zurückgenommen werden.
In den nächsten Tagen werden weitere Informationen folgen. Betroffene Leute können sich gerne mit Fragen an uns wenden.
Im Folgenden veröffentlichen wir hier noch die Pressemitteilung des Betroffenen-Treffens:
*Protest gegen christliche Fundamentalisten hat ein Nachspiel*
In den letzten Wochen erhielten knapp 110 Personen eine Mitteilung, dass
ein Ermittlungsverfahren wegen vermeintlicher Versammlungssprengung
gegen sie eingeleitet wurde. Hintergrund dieser Verfahren ist eine
christlich-fundamentalistische Demonstration in Münster am 14. März
unter dem Titel „Helfer für Gottes kostbare Kinder“. Inhaltlich richtete
sich die Demonstration gegen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und
damit für die Aufrechterhaltung einer patriarchalen
Gesellschaftsordnung. Diese Position sollte nicht unwidersprochen im
öffentlichem Raum stehen bleiben, deshalb entschlossen sich ungefähr 200
Personen die fundamentalistische und frauenverachtende Demonstration
kritisch zu begleiten.
Ein nicht gerechtfertigtes Einschreiten der Polizei gegen die
öffentliche Bekundung von Kritik an der Demonstration führte zu
Gewahrsamnahmen und Personalienfeststellungen. Gegen diese Personen wird
nun u.a. wegen vermeintlicher Versammlungssprengung ermittelt.
Am vergangenen Wochenende trafen sich ein Großteil der Betroffenen um
ihr weiteres Vorgehen im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren zu
besprechen. Die Betroffene Katja Fron empfindet den Vorwurf als einen
Skandal: „In der Streitfrage um Schwangerschaftsabbrüche manifestiert
sich auf besonders deutliche Weise das männerdominierte
Gesellschaftssystem in dem wir leben. Dieses versucht immer noch Frauen
ihr Selbstbestimmungsrecht abzusprechen und sie in die gewünschten
„frauentypischen“ Rollen zu drängen.“ Deshalb sehen die Betroffenen es
als notwendig an gegen die selbsternannten „Lebensschützer“ klar
Position zu beziehen.
Große Einigkeit bestand in dem Punkt, dass die erhobenen Vorwürfe nicht
haltbar sind und infolge eine Verurteilung nicht akzeptiert wird. Peter
Sole, ebenfalls Betroffener des Ermittlungsverfahrens, begründet diese
Einigkeit: „Die Zurückweisung des frauenverachtenden Weltbildes der
christlichen Fundamentalisten stellt eine politische Notwendigkeit dar.
Eine Strafverfolgung ist im Rahmen dieser gesellschaftlichen
Auseinandersetzung völlig fehl am Platz. Eine Verurteilung unseres
Engagements werden wir nicht hinnehmen.“
Die Betroffenen und ihre Unterstützer verabredeten sich für weitere
Treffen um die politische Dimension des Verfahrens zu betonen und
weitere Aktivitäten für ein uneingeschränktes Selbstbestimmungsrecht für
alle zu planen.
Die Unterstützerin Maike Klutz fasste die Position zu dem Ermittlungen
wie folgt zusammen: „Nur die vollständige Einstellung aller Verfahren
ist für uns akzeptabel. Wir weisen jeglichen Kriminalisierungsversuch
politisch notwendiger Einmischung entschieden zurück.“