Vorstrafe / Führungszeugnis

Bin ich nun vorbestraft? Einstellung – Freispruch – Strafbefehl – Verurteilung?

Im Erwachsenenstrafrecht gilt die Faustregel, dass alle Verurteilungen unter 90 Tagessätzen oder unter 3 Monaten Freiheitsstrafe nicht in Eurem normalen polizeilichen Führungszeugnis – welches ihr oft u. a. für Bewerbungen benötigt – auftauchen.

Solltet Ihr jedoch innerhalb einer bestimmten Frist – abhängig vom vorher verurteilten Straftatbestand (zwischen 3 und 5 Jahren bei kleineren Delikten, aber bspw. lebenslänglich bei Mord) – erneut verurteilt werden, so seid Ihr vorbestraft (auch dies erlischt aber bei fast allen Straftaten nach einer gewissen Frist erneut). Auch für den Fall, dass das erste Urteil ja nur 25 Tagessätze und das zweite dann 40 hatte, was ja zusammen eigentlich „nur“ 65 Tagessätze ergibt, seid ihr trotzdem vorbestraft. Es zählt hier lediglich die Anzahl der Verurteilungen – nicht mehr die Höhe.

Bei Verurteilungen nach Jugendstrafrecht sieht es jedoch anders aus. Jugendliche und Heranwachsende bekommen in dem Sinne und nach dieser Rechnung keine Vorstrafe. Allerdings gibt es hier das so genannte Erziehungsregister, dass nicht minder doof ist. Hier werden alle Verurteilungen über Euch bis zur Vollendung des 24. Lebensjahr gespeichert und können von unterschiedlichen Stellen eingesehen werden. Bspw. haben die zuständigen Jugendämter darauf Zugriff, was ja auch wirklich nervig werden kann. Allerdings müsst Ihr potenziellen Arbeitgeber*innen von Eintragungen in dieses Register, im Gegensatz zu Eintragungen in das Zentralregister bei Erwachsenen (wenn die/der Arbeitgeber_in einen Auszug sehen will), nix sagen!

Grundsätzlich gilt außerdem, dass Jugendliche unter 18 Jahren IMMER einen Prozesstermin (es sei denn, dass Verfahren wird im Vorfeld wieder eingestellt) bekommen, während vielleicht Ihre Erwachsenen Genoss*innen, die an der gleichen Sache beteiligt waren einfach nur einen Strafbefehl bekommen und damit die ganze Sache erledigt ist.

Bei Heranwachsenden (18-21J.) ist es dem Gericht überlassen, ob es einfach nur einen Strafbefehl verschickt, oder das gesamte Programm mit Jugendgerichtshilfetermin und Prozess fährt. Damit wird deutlich, dass das Jugendgerichtsgesetz, welches ja eigentlich einen „pädagogischen Auftrag“ hat, mitunter vielmehr Stress und Arbeit durch das engmaschige Netz an repressiven Möglichkeiten verursacht.

Begriffserklärungen:

Strafbefehl – Eine Verurteilung ohne Prozess. Legt Ihr keinen Einspruch in der angegebenen Frist ein, nehmt Ihr die Verurteilung und das Strafmaß an.
Reicht ihr Widerspruch ein, geht alles seinen bestimmten Gang. Das Hauptverfahren (Ihr bekommt früher oder später einen Prozesstermin) wird gegen Euch eröffnet. Ihr könnt aber jederzeit vor dem Prozess Euren Widerspruch zurücknehmen und damit den vorher ergangenen Strafbefehl rechtskräftig werden lassen.

Einstellung – Hier gibt es verschiedene Varianten. Eine Einstellung ist eigentlich ein Freispruch zweiter Klasse. Besteht zum Beispiel ein gewisser Zweifel an Eurer „Schuld“ oder lohnt es sich nicht ein dickes Verfahren (also einen Prozess), wegen einer kleinen Geschichte zu eröffnen, bietet das Gericht häufig eine Einstellung, manchmal gegen Geld- oder Arbeitsauflagen an. Manchmal ist die Akte gegen euch aber auch so dünn, dass der/die zuständige Richter*in das Verfahren einfach so ohne Auflagen einstellt.